Darf der Staat das Existenzminimum kürzen? Katholische Sozialverbände machen zum Welttag gegen Armut auf die Folgen von Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher aufmerksam
Paderborn, 16.10.2019 (cpd) – Wird das vom Grundgesetz garantierte Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum durch Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher verletzt? Darüber entscheidet am 5. November das Bundesverfassungsgericht. Schon jetzt machen zum internationalen Tag zur Beseitigung von Armut am 17. Oktober die katholischen Sozialdienste SkF und SKM unter dem Motto „Weniger is nix“ auf die Folgen von Sanktionen für die Betroffenen aufmerksam. SKM Bundesvorsitzender Ludger Urbic: „Die Sanktionierung der Grundsicherungsleistung bedeutet, dass den Betroffenen nicht einmal das Existenzminimum zum Leben bleibt. Ein würdevolles Leben ist so nicht möglich.“ SkF-Bundesvorsitzende Hildegard Eckert weist darauf hin, dass auch Angehörige unter den Sanktionen leiden, vor allem Kinder. „Deren ohnehin schwierige Startbedingungen ins Leben werden so zusätzlich geschwächt. Das ist inakzeptabel.“
Bereits im Vorjahr hatte der Diözesan-Caritasverband Paderborn die hohe Zahl der Sanktionen durch Jobcenter gegen Hartz-IV-Bezieher wegen geringfügiger Verstöße wie verpasster Termine kritisiert. Wie der Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege in NRW belegt, waren 2018 mehr als 78 Prozent der Sanktionen in NRW wie auch in den Kommunen und Kreisen im Erzbistum Paderborn sind auf solche Versäumnisse zurückzuführen. „Das stürzt die Menschen nur noch tiefer in Not“, kritisiert Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig, der zugleich Vorsitzender des Arbeitsausschusses Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege ist. Nur 7,5 Prozent der Maßregelungen würden ausgesprochen, weil sich die Betroffenen weigerten, eine Arbeit, Ausbildung oder Qualifizierungsmaßnahme aufzunehmen oder fortzuführen. Überdurchschnittlich stark von Sanktionen betroffen sind Hartz-IV-Bezieher unter 25 Jahren, bei denen es gesetzlich erlaubt ist, bereits beim ersten Verstoß Leistungen soweit zu kürzen, dass nur noch die Kosten für Unterkunft und Heizung gedeckt sind.
Für die Caritas bestehen große Zweifel, ob die Kürzung des Arbeitslosengeldes II mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Daher wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes mit Spannung erwartet. „Die Grundsicherung ist mehr als eine arbeitsmarktpolitische Leistung“, betont Lüttig. „Sie umfasst das, was ein Mensch unbedingt zum Leben braucht. Dabei steht die durch das Grundgesetz geschützte Würde des Menschen auf dem Spiel.“
Weitere Informationen zur Aktion „Weniger is nix“ finden Sie auf der Website des SKM Bundesverbandes unter www.skmev.de/aktionen/wenigerisnix