Die aktuelle CORONA-Krise bedeutet für wohnungslose Menschen eine dramatische Verschlechterung ihrer ohnehin prekären Lebenslage.
Auch in Paderborn kam es im März 2020 durch Corona zu gravierenden Veränderungen bei den sozialen Hilfeangeboten.
Beratungsstellen mussten ihr Angebot zurückfahren, niedrigschwellige Hilfen wie Tagestreffs, Mittagstische, Kleiderkammern etc. konnten nur sehr reduziert die benötigte Unterstützung anbieten. Auch die medizinischen Versorgungsangebote arbeiteten nur im Notbetrieb. Die Anzahl der beim SKM Paderborn hilfesuchenden Menschen hat sich während der ersten Corona Welle annähernd verdoppelt.
In Paderborn hat es in dieser Zeit zwischen den sozialen Hilfeträgern und sowohl mit dem Kreis als auch mit der Stadt Paderborn einen guten Dialog gegeben. Schutzmaterialein wurden bereitgestellt, etliche besondere Lösungen wurden gefunden. Seit April dieses Jahres steht z.B. ein Haus in Paderborn zur Verfügung, wo häusliche Quarantäne für obdachlose Menschen realisiert werden kann.
In der anschließenden Phase einer „Neuen Normalität“ wurden flächendeckend Hygiene- und Schutzkonzepte Standards umgesetzt, die Angebote sind in veränderter Form wieder aufgenommen worden.
Wohnungslose Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit begegnen uns überwiegend als vulnerable, also verletzliche und durch soziale Erschöpfung belastete, Menschen.
Joachim Veenhof, Geschäftsführer des SKM sieht durch Corona in der Paderborner Wohnungslosenhilfe eine Zuspitzung einer generellen besorgniserregenden Entwicklung.
Immer mehr jüngere, nicht nur wohnungslose sondern auch psychisch kranke Menschen, neuerdings zudem auch immer mehr Frauen, kommen zum SKM und brauchen Hilfe. Immer öfter reden wir in diesem Zusammenhang von „Systemsprenger“, also wohnungslose Menschen mit (unbehandelten) psychischen Erkrankungen. Fehlende Krankheitseinsicht und fehlende Veränderungsbereitschaft machen sie zu besonders herausfordernden Fällen. Weil Regelverstöße bei ihnen die Regel sind, ist oft nicht einmal die Grundversorgung sicher: Krankenhausaufenthalte werden nach wenigen Stunden beendet und unter bestimmten Bedingungen wird ihnen sogar ein Obdach versagt, denn wer etwa gewaltbereit und aggressiv ist, kann als „nicht unterbringungsfähig“ gelten.
Doch auch die weniger auffälligen Wohnungslosen mit einer Suchterkrankung, mit Ängsten oder Traumata stehen ganz hinten in der Schlange, wenn es um die Versorgung mit Unterkunft, persönlicher Hilfe und einer eigenen Wohnung geht.
Hier geht es dann nicht nur um die Grundversorgung mit Lebensmittel und Kleidung. Diese Menschen brauchen eine umfangreiche Form der Hilfe. Viele Bausteine müssen fachlich abgestimmt werden. Z.B. trotz fehlender Krankheitseinsicht müssen fachärztliche Gutachten eingeholt werden, damit z.B. rechtliche Betreuung, aber auch die Aufnahme in das entsprechende Hilfesystem gewährleistet werden können. Auf die Sozialarbeiter des SKM sind in den letzten Monaten immer mehr neue Herausforderungen bei immer mehr unterschiedlicheren hilfesuchenden Menschen gekommen.
Veenhof beschreibt, dass der SKM Paderborn für wohnungslose Menschen jeden Tag im Jahr offene Türen hat, ob in der städtischen Übernachtungsstelle oder der Tagesstätte in der Kapellenstraße in Paderborn. In der Fachberatungsstelle wird beraten, aber auch konkrete Hilfe angeboten. Neben der finanziellen Versorgung geht es um Postadressen, Verwahrgeldkonten, aber auch um die Vorbereitung und Beantragung von weiterführenden Hilfen.
Essen und Trinken, eine Kleiderkammer für Wohnungslose mit gespendete Schlafsäcke und anderen Überlebenshilfen der Straße, natürlich auch das Bereitstellen von Duschen, Waschmaschine und Wäschetrockner ist selbstverständlich.
Der SKM bietet für Wohnungslose als eine Lösung stationäre Hilfen an. Im Prälat Braekling Haus des SKM werden die Grundlagen für ein eigenverantwortliches Wohnen geschaffen. Und auch danach oder aber auch um Wohnungslosigkeit zu vermeiden, helfen aufsuchende Sozialarbeiter in der eigenen Wohnung weiter. Arbeit und Beschäftigung, ob in der SKM Kreativwerkstatt oder im Sozialen Kaufhaus des SKM geben dem Tag wieder einen Sinn und stabilisieren den Menschen in seiner Not.
Trotzdem, diese Menschen haben oft viele negative Erfahrungen hinter sich. Ängste aber auch das Wissen um permanentes Scheitern brauchen viel persönlichen Kontakt, Zeit, Ausdauer, oft auch schnelle unbürokratische Hilfen.
Hier sorgt die Corona Krise für eine weitere unverantwortliche Zuspitzung des Problems. Digital vereinbarte Termine, Wartezeiten von Wochen und Monaten, fehlende persönliche Kontakte bei den behördlichen Entscheidern, geschlossene Türen in akuten Notfallsituationen grenzen gerade diese Menschen immer mehr aus. Hat das klassische Hilfesystem aus coronabedingten Gründen irgendwo eine Tür geschlossen kommen, wieder weitere gescheitere Menschen in extreme Notlagen u.a. dann beim SKM Paderborn an.
Veenhof fordert einen Stärkung der bestehenden, aber auch einen systematischen Ausbau der Wohnungslosenhilfe, wie die Vermeidung von Wohnungslosigkeit und eine aufsuchende Sozialarbeit von wohnungslosen Menschen.
Und gerade in der jetzigen Situation darf kein hilfesuchender Mensch alleingelassen werden. Es darf nicht nur ein System von Almosen geben, sondern eine stabile Hilfekette muss auch in Corona Zeiten und besonders in der kalten Jahreszeit Menschen in der größten Not auffangen und aus der Not heraus helfen. „Das ist die Stärke des SKM Paderborn, der durch seine Mitarbeitenden seit Jahren – oftmals von der Öffentlichkeit unbemerkt – sehr wirkungsvolle profilierte Unterstützungsangebote vorhält“, ergänzt Detlef Müller als Vorsitzender des Sozialen Vereins.